oloriel: (for delirium was once delight)
[personal profile] oloriel


There was yet another re-run of Golden Eye on TV, and as there was nothing on anyway and at least James Bond is vaguely amusing, we watched the end, and philosophised a little on how old that film feels.

In the subbed version they're showing on German TV, they mispronounce "Guantanamo". That's how old it is. Don't think that'd happen today...

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A while back - but back then I was too lazy to LJ - they were showing Hot Shots! 2. It was kind of weird to see that again - particularly because it has Saddam Hussein in it.
And with some strange detatched bewilderment I realised that, if one of today's teenagers watched this movie, it'd be a completely different experience for them. Because of course this ghost that haunted my childhood fears is no longer scaring anyone. Dead. Outdated.

Yet seeing Saddam Hussein - a "young" Saddam Hussein, the one I knew from seeing the news as a kid - reminded me of "my" gulf war.
I had just began with grade 2 when it started, so my knowledge of what was going on was fuzzy at best - war in those days was something that, in my imagination, happened between knights or maybe cowboys and red Indians, and then of course there was bomb war, far away and long ago. Nobody explained modern warfare to us 7-year-olds. Nor had I any idea where Iraq or Kuwait were. In those days I knew where Denmark, Austria and Crete were, because I'd been there with my parents; I knew that there were Israel and Africa to the South, China and India somewhere to the East and America to the West; I knew that very recently there was no GDR anymore. That was about the extent of my horizon.
But I did feel a vague fear that had grasped the adults first; and for us kids it was centered on Saddam Hussein. He was, in a way, all the evil in the world for us, in those innocent days. It felt as if every minute now war would come to our town.

I remember seeing "No blood for oil!" graffiti, and not understanding them; asking my mom, and her saying "It's about the gulfwar", but not explaining the picture that accompanied the words. Some of the graffiti are still there, and I long since realised that the picture is a man, shot, down on his knees, with his arms extended to the sides.

I remember a scene - buried in the backstore of my memory - of my class on the bus, on our way to the children's Christmas opera (it was, naturally, The Magic Flute. It was always The Magic Flute. I must have seen about five or six stagings of The Magic Flute between age 5 and 8, and this particular time was the one I liked least, because my very favourite characters - the three boys with their beautiful treble choir - weren't there at all, instead replaced by a grown-up speaker; so as not to confuse us kids, I think; but I had seen The Magic Flute two times before that, with the boys, and I loved them, damnit). And all the way on the bus to the theatre, we kids were singing, over and over, doubtlessly driving the few grown-ups who use buses in the late morning batty, to the tune of a Christmas carol ("Kling, Glöckchen", if any of you are familiar with German Christmas carols): "Everyone should know it: Sadam Hussein is shit".
Over and over, like a mantra or a battle cry. Our personal exorcism.

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And it seriously it took until Hot Shots! 2 for me to truly grasp that Saddam Hussein, one of my childhood devils - far scarier than the "real" devil, for I grew up a Lutheran and never feared the biblical devil - is dead. I mean, I knew that he is dead, naturally; but the full extent of that knowledge hit me only then.

Just goes to show you that even the stupidest movies have their value, I guess.

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Heute lief zum x-ten Mal Golden Eye, und da ja auch sonst nix Sinnvolles im TV war und James Bond immer wenigstens einigermaßen amüsant ist, haben wir mit dem halben Auge das Ende angeschaut und darüber philosophiert, wie alt der Film jetzt schon wirkt.

Ganz am Ende sprechen sie "Guantanamo" ganz komisch aus, GuANtaNAmo. So alt. Das würde heute garantiert nicht passieren...

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Vor einer Weile - aber damals war ich zu faul zum LJen - lief mal wieder Hot Shots! 2. Und das war irgendwie seltsam, denn - Saddam Hussein kam darin vor.
Und mit einer Art seltsam abgeklärter Verwunderung stellte ich fest, dass das für einen heutigen Teenager überhaupt nicht mehr das bedeuten würde, was es damals für uns war. Denn dieses Schreckgespenst meiner Kindheitsängste schreckt heute keinen mehr. Tot, veraltet.

Aber Saddam Hussein - der "junge" Saddam Hussein, der, den ich halt aus den Nachrichtensendungen, die ich als Kind mitgekriegt habe, kannte - erinnerte mich an "meinen" Golfkrieg.
Ich war damals gerade in die zweite Klasse gekommen, und mein Verständnis dessen, was da los war, war bestenfalls vage - Krieg war noch etwas, das eher zwischen Rittern oder vielleicht Cowboys und Indianern stattfand, und dann gab es noch Bombenkrieg, aber das war alles weit weg und lang her. Moderne Kriegsführung wurde uns Pänz ja nicht erklärt. Ich hatte auch keine Ahnung, wo der Irak oder Kuwait genau waren. Ich kannte Dänemark, Österreich und Kreta, denn da war ich schon gewesen; und dann gab es noch irgendwo im Süden Israel und Afrika, im Osten China und Indien, und im Westen Amerika, und die DDR gab's gerade nicht mehr. Das war mein geographischer Horizont.
Aber es schien eine unbestimmte Furcht in der Luft zu liegen, die zu allererst die furchtlosen Erwachsenen ergriff; und für uns Kinder konzentrierte sie sich auf eine Person: Saddam Hussein. Er war alles Böse der Welt für uns, in jenen Tagen, als wir glaubten, jeden Augenblick könnte der Krieg über unsere Stadt hereinbrechen.

Ich erinnere mich daran, dass ich die "Kein Blut für Öl!"-Graffiti sah und nicht verstand; ich fragte meine Mutter, und sie sagte nur, "Es geht um den Golfkrieg", erklärte aber nicht das Bild, das neben den Worten war. Manche dieser Graffiti gibt es noch heute, und natürlich habe ich mittlerweile erkannt, was das Bild darstellt: Einen erschossenen Mann, der auf die Knie gefallen ist, die Arme gleichsam in Kreuzigungshaltung von sich gestreckt.

Ich erinnere mich an eine Szene - die muss ganz tief in der Rumpelkammer meines Gedächtnisses vergraben gewesen sein - von meiner Schulklasse im Bus, auf dem Weg in die Weihnachtskinderoper (es war natürlich Die Zauberflöte. Kinderoper war immer Die Zauberflöte. Ich habe zwischen dem 5. und 8. Lebensjahr 5 oder 6 Aufführungen der Zauberflöte gesehen, und die Aufführung, zu der wir damals im Bus fuhren, war die, die ich am wenigsten mochte, denn meine Lieblingscharaktere - die drei Knaben mit ihrem mehrstimmig-harmonischen Soprangesang - waren hier durch einen erwachsenen Sprecher ersetzt worden, um die Kleinen nicht zu verwirren; aber ich hatte die Zauberflöte da schon zweimal gesehen, mit den drei Knaben, und ich fand sie toller als Papageno, Tamino, Pamina und Sarastro zusammen). Und die ganze Zeit im Bus sangen wir Kinder, immer wieder, die paar Erwachsenen, die noch im Bus waren, zweifelsohne in den Wahnsinn treibend: "Kling, Glöckchen, klingelingeling, kling, Glöckchen kling - Jeder soll es wissen, Saddam Hussein ist beschissen!" Über und über, wie ein Mantra oder einen Kriegsschrei. Unser persönlicher Exorzismus.

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Und es brauchte wirklich Hot Shots! 2, damit ich so richtig realisierte, dass Saddam Hussein, einer der Teufel meiner Kindheit - wesentlich gruseliger als der eigentliche Teufel, denn als evangelisches Kind hatte ich ja nie Angst vor dem "richtigen" Teufel - nicht mehr lebt. Also, natürlich wusste ich, dass er tot ist; aber die volle Tragweite hat mich irgendwie erst dann eingeholt.

Was vermutlich zeigt, dass sogar die dümmsten Filme manchmal ihre Existenzberechtigung haben.


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Date: 2008-10-24 11:16 pm (UTC)
From: [identity profile] chili-das-schaf.livejournal.com
Ich weiß es daher noch, weil damals mein jüngster Onkel beim Bund war und die Gefahr bestand, dass er eingezogen wurde. Die Zusammenhänge hatte ich so nicht ganz verstanden, ich wusste nur, dass dieser Typ schuld ist, dass eventuell mein Lieblingsonkel stirbt.

Date: 2008-10-25 08:32 am (UTC)
From: [identity profile] degu-aus-stahl.livejournal.com
Ich weiß noch das ich schon damals erstaunt darüber war warum man den Rosenmontagszug hat ausfallen lassen, wegen einem Krieg der sooo weit weg ist.
Und ich wusste das es ein großes Problem war ob man Bundeswehrsoldaten im Ausland einsetzen sollte.
Und da ich mit fünf erfahren hatte das es nicht eine Freunschaftsbekundung von Ländern ist ein paar Soldaten in ein anderes befreundetes Land zu stationieren um diesem dann ganz schnell helfen zu können wenn ein feindliches Land etwas "schlimmes" tut.
Verstand ich dass es eine sehr schwerwiegende Entscheidung sein musste.

Es ist schon sehr interessant worüber man sich in den 1990ern Gedanken gemacht hat.

Date: 2008-10-25 05:58 pm (UTC)
ext_45018: (for delirium was once delight)
From: [identity profile] oloriel.livejournal.com
Richtig, der Rosenmontagszug! Und bei uns in der Schule war zwar wie immer Karnevalsfest - "die Kinder verstehen das ja noch gar nicht" - aber die Lehrer haben sich alle nicht verkleidet.

Die Diskussion um die Soldaten habe ich damals nicht mal verstanden - für mich hieß die Frage, ob Bundeswehrsoldaten in diesem Krieg eingesetzt werden sollten, dass der Krieg dann wirklich auch "zu uns" käme. Soweit ich mich erinnere, hat mir das auch wirklich nie jemand dann richtig erklärt.

Edited Date: 2008-10-25 05:59 pm (UTC)

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